Perverse Spiele in Abu Ghraib. Die Misshandlungsorgien fanden Ende 2003 statt. | (c) Reuters |
KAIRO. Erst die Mohammed-Karikaturen, dann ein Video, das zeigt, wie britische Soldaten junge unbewaffnete irakische Demonstranten in der südirakischen Stadt Amarah mit Knüppeln bewusstlos schlagen, und jetzt eine erweiterte Neuauflage der Abu Ghraib Horror Picture Show. Die ursprünglich vom australischen Fernsehsender SBS ausgestrahlten Fotos liefen am Donnerstag stündlich in den arabischen TV-Nachrichten, wobei gar nicht die sexuell schockierendsten in den großen Sendern al-Arabiya und al-Jazeera gezeigt wurden. Auch alle größeren Zeitungen veröffentlichten eine Auswahl der Fotos.
Es handelt sich um eine Neuauflage der vor zwei Jahren bereits gezeigten Skandalbilder aus dem damals von US-Truppen geführten Abu-Ghraib-Gefängnis nahe Bagdad. Nun wurden weitere Bilder aus dieser Serie veröffentlicht. Sie zeigen nackte, zum Teil blutige auf dem Boden liegende geschundene Gefangene. "Die Bilder zeigen, wie krank die US-Soldaten sind, die darin verwickelt waren", schreibt die arabische Tageszeitung "Al-Quds al-Arabi". "Es gibt nicht Schlimmeres als einen wehrlosen nackten Menschen, der unmoralischen Taten ausgesetzt ist, egal ob er Iraker, Moslem oder Christ ist oder irgendeiner anderen Religion angehört", führt sie fort. "Diese Soldaten repräsentieren die US-Regierung im Irak und sollten ein Modell für eine hohe militärische Moral darstellen", fordert die Zeitung weiter. Der irakische Premierminister Ibrahim al-Jaafari hat die auf den Bildern gezeigte Folterpraxis verurteilt, aber gleichzeitig darauf hingewiesen, dass die Täter bereits verurteilt seien. Die Affäre kommt zu einem äußerst ungünstigen Zeitpunkt. Die Iraker sind nach den Parlamentswahlen gerade dabei, eine neue Regierung zu bilden, in der erstmals auch sunnitische Politiker vertreten sein sollen. Bei den in Abu Ghraib Gefangenen handelte es sich meist um Sunniten. Die neuen Bilder werden sicherlich nicht dazu beitragen, mehr Sunniten von der Guerilla in den politischen Prozess abzuwerben. "Diese Bilder werden eine ohnehin wackelige Situation noch mehr ins Wanken bringen", fürchtet Labeed Abbawi, ein Berater des irakischen Außenministeriums. Der Nationale Sicherheitsberater Muwafak Al-Rubai erklärte, er werde die Angelegenheit mit den US-Behörden besprechen. Sein einziger Kommentar: "Die Bilder sind nicht gerade hilfreich, eine gute Beziehung zwischen ausländischen Truppen und irakischen Bürgern zu schaffen." "Ist das die Demokratie und die Freiheit, die sie uns bringen wollten?", ist auf den Straßen Bagdads seit gestern immer wieder zu hören. Doch viele Iraker winken auch ab und wollen die Abu-Ghraib-Affäre nicht erneut aufgewärmt sehen. "Es war nicht richtig, diese Bilder zu zeigen. Das war vor zwei Jahren, und im Prinzip wussten wir schon, was in Abu Ghraib los war", sagt eine Bekannte aus Bagdad am Telefon. Sie fürchtet, dass die neuen Bilder nur wieder zu mehr Gewalt führen werden. "Und davon", sagt sie "haben wir in Bagdad mehr als genug." |