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Jahresbericht 2005

AFRIKA

Die Menschenrechtssituation im Überblick

In mehreren Teilen des afrikanischen Kontinents brachten anhaltende bewaffnete Konflikte, für die vielfach Menschenrechtsverletzungen den Nährboden bildeten, weitere Zerstörung und Leid über die Zivilbevölkerung. Die Situation für Flüchtlinge und Vertriebene war katastrophal. Auf internationaler Ebene wurden Initiativen auf den Weg gebracht, um die für Menschenrechtsverstöße Verantwortlichen vor Gericht zur Rechenschaft zu ziehen. In einem Großteil der Staaten Afrikas sahen sich Menschen, die mit HIV infiziert oder an Aids erkrankt waren, Diskriminierung ausgesetzt und in ihrem Recht auf medizinische Versorgung weithin missachtet.

Viele Regierungen des Kontinents gingen unvermindert hart gegen ihre politischen Widersacher vor. Auch Menschenrechtsverteidiger gerieten zur Zielscheibe staatlicher Repression. Gewalt gegen Frauen stellte ein nach wie vor gravierendes Problem dar, das durch Faktoren wie Armut und fehlenden Zugang zu Bildung und Gesundheitsfürsorge noch verschärft wurde.

Auf regionaler Ebene geschaffene Institutionen, die den Auftrag hatten, den Schutz der Menschenrechte sicherzustellen, friedenserhaltende Aufgaben wahrzunehmen oder Konflikte zu verhüten beziehungsweise beizulegen, nahmen im Berichtszeitraum ihre Arbeit auf. Darüber hinaus trat im Januar das Zusatzprotokoll zur Afrikanischen Charta der Menschenrechte und Rechte der Völker in Kraft, das die Schaffung eines Afrikanischen Gerichtshofs für die Rechte der Menschen und Völker vorsah. Die Einsetzung dieses Gremiums verzögerte sich jedoch, weil die Generalversammlung der Afrikanischen Union seine Anbindung an den Afrikanischen Gerichtshof sichergestellt wissen wollte.

Die Regierungen in Afrika bekräftigten ihre Verpflichtung zum Schutz und zur Förderung der Menschenrechte. Gleichwohl wurden in weiten Teilen des Kontinents Menschen nach wie vor in ihren grundlegenden Rechten verletzt, weil die politischen Eliten ihre Versprechungen nicht einhielten und die Strafjustiz in vielen Ländern nur eingeschränkt oder gar nicht handlungsfähig war. Korruption und die illegale Ausbeutung von Bodenschätzen trugen ebenfalls zu einem Klima bei, das Menschenrechtsverstößen Vorschub leistete.

Bewaffnete Konflikte

Die anhaltenden bewaffneten Konflikte in der Demokratischen Republik Kongo (DRK), Somalia, Sudan und Uganda gingen mit weit verbreiteten Tötungen, Entführungen und Vergewaltigungen einher, für die sowohl Regierungseinheiten als auch bewaffnete Gruppen Verantwortung trugen. In Burundi, Côte d’Ivoire und Somalia erzielte Friedensabkommen standen auf keiner verlässlichen Basis, da dort in einigen Gegenden immer wieder Kampfhandlungen ausbrachen, die den Friedensprozess in Gefahr brachten.

Die Konfliktparteien im Sudan signalisierten in verbindlicher Form ihren Willen, bis Ende 2004 umfassende Friedensvereinbarungen zu treffen. Im Berichtszeitraum unterzeichneten sie Abkommen über die Aufteilung der Staatseinkünfte und die politische Machtverteilung im Land. Außerdem einigten sie sich auf vorläufige Maßnahmen, um die Sicherheitslage zu verbessern. Doch ungeachtet der Friedensgespräche spitzte sich der Konflikt in Darfur im Westen des Landes immer mehr zu. Dort fielen mehrere tausend Menschen Tötungen oder Vergewaltigungen zum Opfer, Hunderttausende wurden aus ihren Heimatorten vertrieben, viele von ihnen durch regierungsnahe Milizen. Die verschiedenen am Konflikt beteiligten Parteien verstießen regelmäßig gegen waffenstillstandsvereinbarungen, zu deren Einhaltung sie sich verpflichtet hatten.

Der Versöhnungsprozess in Somalia trat nach mehr als einem Jahrzehnt der Gewalt zwischen rivalisierenden Clans und des völligen Zusammenbruchs staatlicher Strukturen mit der Ernennung eines neuen Präsidenten und der Schaffung eines Übergangsparlaments in eine entscheidende Phase. Der Präsident bildete eine neue Regierung, in der die meisten Clanführer vertreten waren.

Die Situation im Osten der DRK blieb im Berichtszeitraum angespannt. Dort wurden erneut Zivilisten von Angehörigen bewaffneter politischer Gruppen getötet, gefoltert und vergewaltigt. Immer wieder kam es auch zu Kampfhandlungen zwischen verfeindeten Milizen. Nachbarstaaten der DRK trugen zu der anhaltend instabilen Lage im Land bei, indem sie die dort agierenden bewaffneten Gruppen unterstützten.

Friedenseinsätze nahmen auf dem afrikanischen Kontinent eine immer zentralere Rolle ein. Die UN-Mission in Côte d’Ivoire und die Mission der Afrikanischen Union in Burundi wurden unter dem Dach der Vereinten Nationen zu einer gemeinsamen Friedenstruppe zusammengeführt und die Präsenz der UN-Blauhelme in der DRK durch personelle Aufstockung gestärkt. Der Friedens- und Sicherheitsrat der Afrikanischen Union entsandte im Berichtszeitraum ein Truppenkontingent nach Darfur, das den ausdrücklichen Auftrag hatte, die Zivilbevölkerung zu schützen. Doch sowohl in Darfur als auch in Bukavu in der DRK gelang es den dort stationierten Einsatzkräften der Vereinten Nationen und der Afrikanischen Union oftmals nicht, gefährdeten Zivilisten wirksamen Schutz vor Übergriffen zu bieten.

Eine wesentliche Ursache für die fortgesetzten Menschenrechtsverstöße in Darfur war die weite Verbreitung von Kleinwaffen. Zwar verhängte der UNSicherheitsrat ein Embargo, das Waffenlieferungen an sämtliche nichtstaatlichen Konfliktparteien in Darfur untersagte, doch unterließ er es, dessen Einhaltung konsequent zu überprüfen. Zudem war die sudanesische Regierung von dem Embargo ausgenommen, obwohl sie nachweislich die Verantwortung für schwere Menschenrechtsverletzungen trägt. Ein vom UN-Sicherheitsrat gegen Côte d’Ivoire verhängtes Waffenembargo wies ebenfalls als Defizit auf, dass keine effektiven Kontrollmechanismen zu seiner Überwachung beschlossen wurden.

Die Beilegung bewaffneter Konflikte hatte eine forcierte Repatriierung von Flüchtlingen in ihre Heimatländer zur Folge. Das Amt des UN-Hochkommissars für Flüchtlinge (UNHCR) leistete Hilfestellung bei der freiwilligen Rückführung von Flüchtlingen nach Burundi und Liberia. Auch nach Angola kehrten Tausende in den Vorjahren außer Landes vertriebene Menschen zurück. In Staaten wie Tansania, die über Jahre hinweg Zuflucht suchende Menschen aufgenommen hatten, zeichneten sich deutliche Tendenzen ab, den Lebensstandard von Flüchtlingen zu verschlechtern, den Zuzug weiterer Asylsuchender einzuschränken und auf die im Land lebenden Flüchtlinge Druck auszuüben, damit sie in ihre Herkunftsländer zurückkehren. Bewaffnete Konflikte wie die im sudanesischen Darfur gingen mit der Vertreibung unzähliger Menschen aus ihren Heimatorten einher. Die Tötung von über 150 Insassen eines Durchgangslagers für kongolesische Flüchtlinge im August in Burundi machte einmal mehr die dringende Notwendigkeit deutlich, verstärkt Maßnahmen zum Schutz von Flüchtlingen wie auch der Zivilbevölkerung generell zu ergreifen.

Internationale Strafgerichtsbarkeit

Bei der Bekämpfung der Straflosigkeit für Menschenrechtsverletzungen, die im Zuge bewaffneter Konflikte begangen worden sind, konnten durch das Tätigwerden internationaler Ermittlungskommissionen und Gerichte wesentliche Fortschritte erzielt werden. Die Regierungen von Uganda und der DRK übertrugen die Zuständigkeit für Verfahren wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit an den Internationalen Strafgerichtshof, dessen Ermittler damit erstmals mit solchen Fällen konfrontiert waren. Da jedoch die Ressourcen des Gerichtshofs nur eine begrenzte Anzahl von Verfahren zuließen, bestand die Notwendigkeit, auf anderweitige Weise sicherzustellen, dass die für Menschenrechtsverletzungen
Verantwortlichen nicht straffrei ausgehen. Die ugandische Regierung schlug in diesem Zusammenhang vor, im Norden des Landes verübte Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor traditionellen Gerichten zu verhandeln; die bereits an den Internationalen Strafgerichtshof verwiesenen Fälle konnten jedoch nicht mehr zurückgezogen werden.

Vor dem Sondergerichtshof für Sierra Leone begannen im Berichtszeitraum die ersten Verfahren gegen Personen, die angeklagt waren, für Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen und andere schwere Verstöße gegen das Völkerrecht verantwortlich zu sein, darunter Vergewaltigungen und anderweitige Formen des sexuellen Missbrauchs sowie sexuelle Versklavung. Bereits zu einem früheren Zeitpunkt hatte das Gericht klargestellt, dass eine im Friedensabkommen von Lomé 1999 vereinbarte Generalamnestie der strafrechtlichen Ahndung von Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen nicht im Wege stehe und dass der ehemalige Präsident Liberias, Charles Taylor, keinen Schutz vor Strafverfolgung genieße. In der Anklageschrift gegen Charles Taylor wurde ihm die »Hauptverantwortung « für Tötungen, Verstümmelungen, Vergewaltigungen und andere Menschenrechtsverstöße zur Last gelegt, weil er nach Erkenntnissen der Anklagebehörde bewaffnete Oppositionsgruppen in Sierra Leone aktiv unterstützt hatte. Charles Taylor hielt sich weiterhin in Nigeria auf, dessen Regierung ihm offenbar zugesichert hatte, ihn weder an den Strafgerichtshof zu überstellen noch vor innerstaatlichen Gerichten rechtliche Verfahren gegen ihn einzuleiten.

Ihm war in Nigeria der Flüchtlingsstatus zuerkannt worden. Der UN-Sicherheitsrat beschloss die Einsetzung einer Untersuchungskommission, die den Auftrag erhielt, Berichten über Verstöße gegen die Menschenrechte und das humanitäre Völkerrecht im sudanesischen Darfur nachzugehen und festzustellen, ob dort Völkermordhandlungen stattgefunden haben. Die Kommission wurde zudem ausdrücklich
mit dem Mandat ausgestattet, die Verantwortlichen für solche Verstöße zu ermitteln, damit sie zur Rechenschaft gezogen werden können.

Die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte veranlasste eine Untersuchung von Berichten über ungesetzliche Tötungen und den Einsatz exzessiver Gewalt durch Angehörige der Sicherheitskräfte von Côte d’Ivoire bei der Niederschlagung regierungsfeindlicher Demonstrationen. Eine weitere internationale Untersuchungskommission, die auf der Grundlage des Friedensabkommens von Linas-Marcoussi aus dem Jahr 2003 eingesetzt worden war und seit September 2002 verübte Menschenrechtsverstöße recherchieren sollte, schloss ihre Ermittlungen im Berichtszeitraum ab, hatte jedoch bis Ende 2004 noch keine Ergebnisse bekannt gegeben. Die Friedensvereinbarung sah vor, auf der Grundlage der von der Kommission
gewonnenen Erkenntnisse strafrechtliche Schritte gegen die mutmaßlich für Menschenrechtsverstöße Verantwortlichen einzuleiten.

Im Auftrag des UN-Sicherheitsrats wurde geprüft, ob und in welcher Form die Einsetzung einer internationalen Juristenkommission in Burundi, wie sie im Friedensabkommen von Arusha aus dem Jahr 2000 vorgesehen war, realisiert werden kann. Die Aufgabe einer solchen Kommission bestünde in der Untersuchung von Verbrechen gegen das Völkerrecht vom Zeitpunkt der Unabhängigkeit Burundis an bis zum Friedensabkommen von 2002.

Gewalt gegen Frauen

Trotz der Beilegung bewaffneter Konflikte in Côte d’Ivoire, Liberia und der Zentralafrikanischen Republik sahen sich dort Frauen nach wie vor Vergewaltigungen und anderen Formen des sexuellen Missbrauchs unterworfen. Im sudanesischen Darfur und im Osten der DRK wurden derartige Verbrechen an Frauen und Mädchen als Kriegswaffe eingesetzt. Selbst in Flüchtlingslagern fanden Frauen keinen Schutz vor sexuellen Übergriffen.

In der DRK hatte der völlige Zusammenbruch des Gesundheitswesens zur Folge, dass vergewaltigte Frauen mit zum Teil lebensbedrohlichen Verletzungen und Infektionen nicht medizinisch versorgt werden konnten. Auch in vielen anderen Staaten des Kontinents war ein Mangel an grundlegender gesundheitlicher Betreuung von Vergewaltigungsopfern zu verzeichnen.

Studien förderten zunehmend Beweise dafür zutage, dass Gewalt gegen Frauen
im Zuge bewaffneter Konflikte und nach deren Beilegung eindeutig geschlechtsspezifisch begründet ist und sich darin im Prinzip die Diskriminierung von Frauen in Friedenszeiten und ihre Ungleichbehandlung nur in extremer Form manifestiert. Denn auch in Friedenszeiten erfuhren Frauen in Afrika kaum Schutz vor Gewalt, sondern sahen sich im Gegenteil tagtäglich in ihren grundlegenden Rechten verletzt, was der gesellschaftlichen Akzeptanz familiärer Gewalt gegen Frauen Vorschub leistete.

In Nigeria und anderen Staaten waren Gesetze in Kraft, die die Diskriminierung von Frauen im häuslichen und sozialen Umfeld ausdrücklich sanktionierten. Viele Mädchen und junge Frauen in Afrika fristeten ein Leben unterhalb der Armutsgrenze, was sie der Gefahr aussetzte, als Kindersoldatinnen rekrutiert oder in die sexuelle Versklavung gezwungen zu werden. In der DRK wurden trotz der vereinbarten Demobilisierung von Kombattanten nach wie vor Kinder zum Dienst an der Waffe herangezogen. Programme zur Entwaffnung, Demobilisierung und Wiedereingliederung von ehemaligen Kämpfern ließen vor allem in Liberia Schutzmaßnahmen für Frauen und Mädchen unter spezifischer Berücksichtigung der von ihnen erlittenen
sexuellen Gewalt vermissen.

Todesstrafe

Im Berichtszeitraum strich Senegal die Todesstrafe aus den Gesetzbüchern des Landes. In vielen anderen Staaten des afrikanischen Kontinents galt die Todesstrafe als in der Praxis abgeschafft, da dort seit mindestens zehn Jahren keine Hinrichtungen mehr stattgefunden haben. Eine in Nigeria zur Überprüfung
der Todesstrafenproblematik eingesetzte Expertenkommission empfahl der Regierung, ein Hinrichtungsmoratorium zu erlassen und alle in letzter Instanz bestätigten Todesurteile in lebenslange Freiheitsstrafen umzuwandeln. Die in Sierra Leone geschaffene Kommission für Wahrheit und Versöhnung sprach sich für die Aufhebung sämtlicher Gesetze aus, auf deren Grundlage Todesurteile
verhängt werden können. Dessen ungeachtet erging wenig später gegen zehn des Hochverrats schuldig gesprochene Personen die Todesstrafe. In Staaten wie Äquatorialguinea, Burundi, Kenia und Mauretanien blieben hingegen Gefangene vom Vollzug der Todesstrafe bedroht, von denen die Mehrzahl
nach unfairen Gerichtsverfahren schuldig gesprochen und zum Tode verurteilt worden waren. Im Sudan verhängten Gerichte im Berichtszeitraum Todesurteile gegen mehrere hundert Menschen.

Wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte

Die wirtschaftlichen Bedingungen auf dem afrikanischen Kontinent waren weiterhin desolat. Massive Korruption auf allen Ebenen und die illegale Ausbeutung natürlicher Ressourcen trugen dazu bei, dass ein Großteil der Bevölkerung und vor allem marginalisierte Gruppen der Gesellschaft in ihren wirtschaftlichen,
sozialen und kulturellen Rechten wie denen auf Nahrung, Wasser, Gesundheit, Wohnraum und Bildung eklatant missachtet wurden.

Diskriminierende Praktiken der Regierung von Simbabwe, die die Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln im Kampf gegen ihre politischen Widersacher einsetzte, hatten zur Folge, dass einige Gemeinschaften systematisch von Lebensmittelzuteilungen ausgeschlossen blieben. In Ruanda, Südafrika
und Swasiland wurde das Recht auf Gesundheit, in Angola das auf Wohnraum weiterhin grob vernachlässigt, worunter insbesondere Frauen, Kinder, alte Menschen, Angehörige von Minderheiten und Migranten zu leiden hatten. Erschreckend war auch nach wie vor die Lebenssituation von Menschen, die an Aids erkrankt oder mit HIV infiziert waren, wenngleich sich ihre Versorgung mit antiretroviralen Medikamenten verbessert hat. Diese Menschen vor Diskriminierung zu schützen, bedeutete eine enorme Herausforderung für die afrikanischen
Staaten.

Politische Unterdrückung

Die Rechte auf freie Meinungsäußerung und Vereinigungsfreiheit bestanden in vielen Ländern des Kontinents nur auf dem Papier. Die Regierung in Côted’Ivoire versuchte, Journalisten und Menschenrechtsverteidiger einzuschüchtern, indem sie in die Berichterstattung der Printmedien eingriff. In Kamerun, Mauretanien und Simbabwe wurden die Sicherheitskräfte zum Einsatz gebracht, um Proteste der Opposition niederzuschlagen.

Ein Gericht in Simbabwe sprach zwar den Oppositionsführer Morgan Tsvangarai von der Anklage des Landesverrats frei, Zweifel an der Unabhängigkeit derdortigen Justiz blieben gleichwohl bestehen. So konnten regierungsnahe Jugendmilizen ungestraft Anschläge auf Personen verüben, die als Kritiker der Staatsmacht galten. In Eritrea befanden sich Tausende Oppositionelle und Regierungskritiker, unter ihnen zahlreiche gewaltlose politische Gefangene, an geheimen Orten in Haft. Einige von ihnen waren von Gremien, die aus Militär- und Polizeioffizieren bestanden, in nichtöffentlicher Verhandlung und unter Verstoß gegen
Mindestgrundsätze für ein faires Gerichtsverfahren zu Freiheitsstrafen verurteilt worden. Zu diesen Verstößen zählte, dass die Angeklagten über die gegen sie erhobenen Anschuldigungen im Ungewissen belassen und ihnen das Recht verweigert wurde, persönlich zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen oder einen Anwalt mit der Wahrnehmung ihrer Interessen zu beauftragen.

Die Anrufung unabhängiger Gerichte, um dort gegen die Verletzung ihrer grundlegenden Rechte vorgehen zu können, wurde ihnen gleichfalls verwehrt. Im Sudan machten sich die Behörden das Streitkräftegesetz zunutze, um politische Widersacher, Regierungskritiker, Studenten und andere zivilgesellschaftlich engagierte Bürger festzunehmen und bis zu neun Monate lang ohne Kontakt zur Außenwelt und ohne Anklageerhebung oder Gerichtsverfahren in Haft zu halten. Viele der Gefangenen sollen gefoltert oder misshandelt worden sein.
In zahlreichen Staaten des Kontinents leistete das Versagen der Behörden, Angehörige der Sicherheitskräfte, denen schwere Menschenrechtsverletzungen zur Last gelegt wurden, vor Gericht zur Verantwortung zu ziehen, einem Klima der Straffreiheit Vorschub. Auch das Ausbleiben umfassender und glaubwürdiger
Ermittlungen zur Aufklärung von Vorwürfen über Folterungen und extralegale Hinrichtungen drohte die Herrschaft des Rechts auszuhöhlen.

Menschenrechtsverteidiger

Mehrere Regierungen schränkten Menschenrechtsverteidiger in ihrer Arbeit durch äußerst restriktive Auflagen erheblich ein. Ein vom Parlament in Simbabwe verabschiedetes Gesetz über die Tätigkeit nichtstaatlicher Organisationen stattete die Regierung mit weit reichenden Befugnissen aus, in die Arbeit zivilgesellschaftlicher und menschenrechtlich engagierter Gruppen einzugreifen. Das Gesetz verbot ausländischen Menschenrechtsorganisationen, in Simbabwe tätig zu werden, und untersagte es einheimischen Menschenrechtsvereinigungen, finanzielle Mittel aus dem Ausland entgegenzunehmen. In Ruanda sah sich eine der führenden Menschenrechtsorganisationen des Landes, die Liga zur Förderung und Verteidigung der Menschenrechte (LIPRODHOR), faktisch gezwungen, ihre Arbeit einzustellen, nachdem ein Parlamentsausschuss empfohlen hatte, die Liga und eine Reihe anderer Nichtregierungsorganisationen wegen Unterstützung des Völkermords von 1994 aufzulösen. Es blieb völlig unklar, wie der Ausschuss zu dieser Einschätzung hatte gelangen können, da die von ihm geführten Ermittlungen dem Kriterium der Transparenz und Fairness bei weitem nicht gerecht geworden sind.

Die sudanesische Regierung ließ, anstatt die für Menschenrechtsverletzungen Verantwortlichen vor Gericht zu bringen, Menschenrechtsverteidiger verhaften, die Übergriffe staatlicher Stellen aufgedeckt hatten. In Eritrea waren nach wie vor einheimische Menschenrechtsorganisationen verboten, international tätige Menschenrechtsvereinigungen erhielten keinen Zugang zum Land. Die Behörden in Côte d’Ivoire gingen gezielt gegen Menschenrechtsverteidiger vor, deren Äußerungen als Kritik an der Regierung bewertet wurden.

Als positive Entwicklung war zu verzeichnen, dass die Afrikanische Kommission für Menschenrechte und Rechte der Völker einen Sonderberichterstatter über Menschenrechtsverteidiger ernannte. Die Arbeit der Kommission gestaltete sich gleichwohl als äußerst schwierig, unter anderem deshalb, weil sie nicht mit den notwendigen Ressourcen ausgestattet war, um die ihr per Mandat übertragenen Aufgaben umfassend wahrnehmen zu können.

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