University of Bremen


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Deutsche Abteilung Menschenrechte und Kulturen des
europäischen  UNESCO-Lehrstuhl für Philosophie/Paris an der Universität Bremen






UNESCO-Lehrstuhl für Philosophie, Paris                         20. April 2011

Deutsche Abt. »Menschenrechte                                                      D-28865 Lilienthal

und Kulturen«                                                                                  Ossenhöfe 15d

Prof. Dr. Hans Jörg Sandkühler                                                           (              04298 - 417323

                                                                                                        hsandk@uni-bremen.de

www.unesco-phil.uni-bremen.de

Herrn

WU Hongbo

Außerordentlicher und Bevollmächtiger Botschafter

der Volksrepublik China in der Bundesrepublik Deutschland

Märkisches Ufer 54

10179  Berlin

 

Offener Brief zur Verhaftung des Künstlers Ai Weiwei

Sehr geehrter Herr Botschafter,

in der von der KP der Volksrepublik China herausgegebenen Zeitung GLOBAL TIMES war am 18. April 2011 zur Verhaftung des Künstlers Ai Weiwei zu lesen:

»Ai's detention is one of the many judicial cases handled in China every day. It is pure fantasy to conclude that Ai's case will be handled specially and unfairly. The era of judicial cases involving severely unjust, false or wrong charges has gone.«

Dass in der Volksrepublik China die Zeiten rechtswidriger Willkür vorbei seien, ist angesichts des Umgangs mit Menschen, die ihre Meinungsfreiheit in Anspruch nehmen, um Kritik zu üben, nicht glaubhaft.

Am 16. April 2011 hieß es in einem Kommentar in GLOBAL TIMES:

»As a Chinese citizen, Ai undoubtedly enjoys favorable treatment from the West, which constitutes an intrusion of China's legal system. The Western bias toward Ai results from his confrontational attitude to the government.«

Ist ein Bürger der Volksrepublik China schon deshalb verdächtig, weil er im ›Westen‹ als Künstler und Verteidiger der Menschenrechte bekannt ist?

Wenn ein Bürger in der Volksrepublik China nicht das Recht hat, die Regierung zu kritisieren, dann steht die Aussage im obengenannten Kommentar, »the country is witnessing the unfolding of democracy«, in Widerspruch zur tatsächlichen Situation in Ihrem Land.

Proteste gegen die Verhaftung Ai Weiweis bedeuten auch keineswegs eine »intrusion of China's legal system«. Sie entsprechen vielmehr den ›peremptory norms‹ des Internationalen Rechts, wie sie z.B. von der UN-Völkerrechtskommission 2001 in den ›Draft Articles on Responsibility of States for Internationally Wrongful Acts‹ formuliert worden sind.

Ich fordere Sie dazu auf, sich für die sofortige Freilassung Ai Weiweis einzusetzen.

Hochachtungsvoll,

Prof. Dr. Hans Jörg Sandkühler

Weitere Unterzeichner aus der Universität Bremen:

Prof. Dr. Jörn Bleck-Neuhaus, Prof. Dr. Claudia Born, Prof. Dr. Sabile Broeck, Delvin Collier, Prof. Dr. Gisela Febel, Prof. Dr. Juliane Filser, Sabine Görges-Dey, Prof. Dr. Jürgen Lott, Prof. Dr. Winfried Pauleit, Dr. Arendt Hindriksen, Prof. Dr. Gritt Klinkhammer, Ute Knoop, Prof. Dr. Andreas Lehmann-Wermser, Prof. Dr. Inge Marszolek, Susanne Mindermann, Prof. Dr. Michael Müller, Prof. Dr. Michael Nagel, Prof. Dr. Frieder Nake, Prof. Dr. Irene Nierhaus, Prof. Dr. Winfried Pauleit, Prof. Dr. Konstanze Plett, Prof. Dr. Karl-Heinz Rödiger, Dr. Monika Thiele, Monika Wessel, Prof. Dr. Dieter Wöhrle, Dr. Clemens Wöllner

Prof. Dr. Günther Dey, Hochschule Bremen University of Applied Sciences



G8-Gipfel in Genua 2001



Filosofia post-G8

Il professor Hans Jörg Sandkuhler dell'università di Brema - studioso assai noto e apprezzato, docente ospite all'università di Torino e alla Sorbona, e direttore del Centro per la fondazione filosofica delle scienze a Brema - ha inviato il 20 agosto una lettera di protesta all'ambasciata italiana, che non ha risposto. Eccone il testo:

"Egregio signor Ambasciatore,
da tanti anni intrattengo la maggior parte delle mie collaborazioni scientifiche con studiose e studiosi in Italia. Il Suo paese mi è molto caro e lo tengo in gran conto. Per questa ragione percepisco i fatti legati al vertice del G8 a Genova come tanto più sorprendenti e preoccupanti. Non metto in alcun modo in dubbio che sia da condannare la violenza esercitata da alcuni fra i dimostranti. D'altro canto, questo non giustifica l'impiego massiccio di polizia e militari, la loro aggressione talvolta brutale e la grave limitazione di alcuni diritti fondamentali. I diritti fondamentali dell'Europa - al cui rispetto anche il Suo Paese è tenuto - impongono di garantire:

- Che le cittadine ed i cittadini possano esprimere pubblicamente le loro preoccupazioni per le condizioni di vita delle presenti e future generazioni;
- Che la libertà di movimento in Europa, il diritto di associazione ed i diritti di partecipazione all'organizzazione della politica non vengano limitati;
- Che la legittimazione di un numero limitato di Stati nel decidere le sorti del mondo intero possa essere messa in questione;
- Che concezioni critiche e alternative possano essere espresse.
A Genova tutti questi diritti fondamentali sono stati violati. Inoltre, come documentano tutte le più affidabili fonti di informazione, da parte delle forze dell'ordine del Suo Paese nei confronti di molti dimostranti sono stati violati il diritto alla vita ed all'integrità fisica come anche quello all'assistenza legale. Persone, che in nessun modo avevano fatto uso di violenza, sono state percosse, arrestate ed in parte gravemente ferite.
Io mi aspetto che questi episodi vengano indagati e chiariti da parte di una commissione indipendente e che i responsabili della violenza di Stato vengano giudicati in sede penale. Io mi aspetto delle scuse da parte del Suo Governo. Peraltro, lavoro nell'ambito di un coordinamento promosso dalla Commissione Europea "Immaginare l'Europa". Come il Suo Paese si è presentato a Genova, io non posso immaginare né l'Europa né l'Italia. Finché non verranno esaudite queste mie aspettative, io ho intenzione di disdire la mia partecipazione a tutte le conferenze, le lezioni ed i convegni già programmati in Italia. Mi rivolgerò anzi a numerose colleghe e colleghi italiani ed europei chiedendo loro di associarsi alla mia protesta".

Prof. Dr. Hans Jörg Sandkühler

(traduzione italiana a cura di Sara Dellantonio e Luigi Pastore)


UNIVERSITÄT BREMEN                                                                                      22. Juli 2006

UNESCO-Lehrstuhl für Philosophie, Paris                                                          D-28359 Bremen

Deutsche Abt.: Wissenskulturen,                                                                        Enrique-Schmidt-Str. 7

Transkulturalität, Menschenrechte                                                                               

Prof. Dr. Hans Jörg Sandkühler                        

Botschaft des Staates Israel

Herrn Botschafter Shimon Stein

Auguste-Viktoria-Str. 74

14193 Berlin


 

Gegen den Krieg

 

Sehr geehrter Herr Botschafter,

 

der Staat Israel befindet sich im Krieg; der Nachbarstaat Libanon soll – so der Verteidigungsminster des Staates Isreal – „um zwanzig Jahre zurückgebombt“ werden.

Für mich als 1940 in der Zeit des Nationalsozialismus und des Holocaust geborenen Deutschen gibt es keinen Zweifel am Recht des Staates Israel auf seine Existenz in sicheren Grenzen und in Frieden. Ich wünsche den Bürgerinnen und Bürgern Ihres Staates, daß sie ohne Angst leben können.

Dies wird aber nicht möglich sein, solange der Staat Israel eine Besatzungsmacht ist und das gleiche Recht der Menschen in Palästina und im Libanon auf eine Existenz in Menschenwürde verletzt. Seit der Ermordung Ihres Ministerpräsidenten Rabin geht die Regierung des Staates Israel verstärkt einen Weg der Exklusion der „Anderen“, der Gewalt und der Verletzung des Völkerrechts, der weder dem Bedürfnis Ihrer Bürgerinnen und Bürger nach Frieden und Sicherheit noch den Grund- und Menschenrechten der Palästinenser und Libanesen entspricht. Dieser Weg steht in Widerspruch zu den menschen- und völkerrechtlichen Verpflichtungen, denen der Staat Israel als „jus cogens“ unterworfen ist.

Die Grenzverletzung und Entführung israelischer Soldaten ist nicht hinnehmbar, und der Staat Israel hat das Recht, sich hiergegen zu verteidigen. Doch die Mittel, welche die israelische Administration wählt, sind nicht gerechtfertigt. Der Krieg, den sie im Gebiet von Gaza und im Libanon führt, ist eine von den Vereinten Nationen geächtete Aggression, eine Verletzung des allgemeinen und des humanitären Völkerrechts. Weil er neuen Hass hervorrufen wird, verletzt er auch das Eigeninteresse der Bevölkerung des Staates Israel.

Ich kann aufgrund der Geschichte der Verbrechen gegen Juden und des von Deutschen zu verantwortenden Völkermordes verstehen, daß auch die heute im Staat Israel lebenden Generationen ihre Situation in der Perspektive des Holocaust sehen. Politisch unverantwortliche Äußerungen wie die des iranischen Präsidenten oder die Charta der Hamas verstärken diese Sichtweise.

Ich befürchte aber, daß Ihr Staat die Erfahrung des Holocaust und aktuelle Gefährdungen politisch und ideologisch instrumentalisiert, um aggressive Gewalt gegen Dritte, auch gegen die Zivilbevölkerung und gegen die zivile Infrastruktur, zu rechtfertigen. Was in Gaza und im Libanon geschieht, ist durch nichts zu rechtfertigen.

Die schleichende Normalisierung rechtswidriger Gewalt wird dazu führen, daß in der Gesellschaft Ihres Landes das Bewußtsein für die Unantastbarkeit der Menschenwürde und für den rechtmäßigen Umgang mit dem Gewaltmonopol von Staaten immer mehr verschwindet. Eine solche Entwicklung kann nur katastrophale Folgen haben – innergesellschaftlich und hinsichtlich der Beziehungen zu den Nachbarn.

Ich appelliere an Sie, sehr geehrter Herr Botschafter, alles Ihnen Mögliche dafür zu tun, daß Ihre Regierung den Krieg sofort stoppt und die Probleme im Interesse der Menschen, die ein Recht auf Leben und Heimat haben, allein auf politisch-diplomatische Weise löst. 

 

Prof. Dr. Hans Jörg Sandkühler


Contre la guerre 

Excellence, 

l´État d´Israël se trouve en état de guerre ; l´État voisin, le Liban, doit être « bombardé et remis à l´état d´il y a 20 ans », selon les propos du ministre israélien de la défense.

Pour moi, en tant qu´allemand né en 1940 à l´époque du national-socialisme et de l´holocauste, je ne met en aucun doute le droit d´existence de l´État d´Israël dans des frontières sécurisées et en paix. Je souhaite aux citoyennes et aux citoyens de l´État d´Israël de vivre sans peur.

Mais ceci ne serait possible tant que l´État d´Israël demeure une force d´occupation et continue à violer le même droit d´existence et de vie en dignité des gens en Palestine et au Liban. Depuis l´assassinat de votre Premier Ministre Rabin, le gouvernement de l´État d´Israël ne cesse de suivre la voie dure de l´exclusion des « Autres », de la violence et de la violation du droit des peuples, ce qui ne répond ni au besoin de vos citoyens à la paix et à la sécurité, ni aux droits fondamentaux des palestiniens et des libanais. Cette voie est en contradiction avec les obligations se rapportant aux droits de l´homme et des peuples, auxquels Israël s´est assignée jus cogens.

La violation des frontières et l´enlèvement des deux soldats israéliens ne sont point tolérables et l´État d´Israël a le droit de se défendre contre de telles violations. Mais les moyens choisis par l´administration israélienne ne sont point justifiables. La guerre que celle-ci mène à Gaza et au Liban est une agression proscrite par les Nations Unies, une violation des droits universels et humanitaires. Et comme cette guerre suscite de nouveau la haine, elle porte aussi préjudice à l´intérêt propre de l´État d´Israël.

Je peux comprendre que les générations actuelles qui vivent dans l´État d´Israël voient leur situation dans la perspective de l´Holocauste à cause de l´histoire des crimes perpétrés contre les juifs et la responsabilité des allemands vis-à-vis du génocide. Les déclarations politiques irresponsables comme celles du président iranien ou la Charte du Hamas confirment cette manière de voir les choses.

Mais je crains que votre État instrumentalise politiquement et idéologiquement l´expérience de l´Holocauste et les menaces actuelles pour justifier la violence agressive contre autrui, mais aussi contre les populations civiles et leur infrastructure. Ce qui se passe actuellement à Gaza et au Liban n´est en aucun cas justifiable.

La normalisation insidieuse de la violence illégale va conduire au sein de la société de votre pays à la dissipation de la conscience pour l´inviolabilité de la dignité humaine comme pour l´usage légitime du monopole de la violence de la part des Etats. Un tel développement ne peux avoir que des conséquences désastreuses aussi bien au sein de votre société que dans vos relations à l´égard de vos voisins.

Je vous prie, Excellence, de faire tout votre possible pour que votre gouvernement arrête immédiatement la guerre et résout les problèmes uniquement par les moyens politiques et diplomatiques dans l´intérêt des gens qui ont un droit à la vie et à la patrie.

Prof. Dr. Hans Jörg Sandkühler

 

Prof. Dr. Hans Jörg Sandkühler                                                                     3. Januar 2009

                                                                                                                             Ossenhöfe 15d

                                                                                                                             28865 Lilienthal

                                                                                                                             hsandk@uni-bremen.de

                                                                                                                             www.unesco-phil.uni-bremen.de

 

 

GAZA-KRIEG

Offener Brief

an den Botschafter des Staates Israel in der Bundesrepublik Deutschland

 

Herr Botschafter,

der Staat Israel führt erneut Krieg gegen das palästinensische Volk. Wir protestieren gegen die Aggression gegen Gaza, weil sie einen Bruch des auch den Staat Israel bindenden zwingenden Internationalen Rechts und Menschenrechtsverletzungen bedeutet.

Für alle, die das Recht des Staates Israel auf seine Existenz in sicheren Grenzen und in Frieden verteidigen, für ein Leben der Bürgerinnen und Bürgern ohne Angst eintreten und deshalb Angriffe aus Gaza auf israelisches Territorium nicht rechtfertigen, ist diese Aggression ein erneutes Zeichen dafür, dass Ihre Regierung ein Sicherheitsrisiko für die eigene Bevölkerung darstellt.

Für alle, die in Übereinstimmung mit den Vereinten Nationen und dem Menschenrechte-Recht ein gleiches Recht auch für das palästinensische Volk fordern, ist diese Aggression ein Zeichen dafür, dass der Staat Israel als Besatzungsmacht für den gesamten Nahen Osten so lange ein Friedensrisiko ist und bleibt, wie er die Sicherheitsrats-Resolution 242 vom 22. November 1967 und alle entsprechenden Resolutionen der Vereinten Nationen missachtet:

«Der Sicherheitsrat, mit dem Ausdruck seiner anhaltenden Besorgnis über die ernste Situation im Nahen Osten, unter Betonung der Unzulässigkeit des Gebietserwerbs durch Krieg und der Notwendigkeit, auf einen gerechten und dauerhaften Frieden hinzuarbeiten, in dem jeder Staat der Region in Sicherheit leben kann, ferner unter Betonung dessen, dass alle Mitgliedstaaten mit der Annahme der Charta der Vereinten Nationen die Verpflichtung eingegangen sind, in Übereinstimmung mit Artikel 2 der Charta zu handeln, 1. erklärt, dass die Verwirklichung der Grundsätze der Charta die Schaffung eines gerechten und dauerhaften Friedens im Nahen Osten verlangt, der die Anwendung der beiden folgenden Grundsätze einschließen sollte: i) Rückzug der israelischen Streitkräfte aus (den)* Gebieten, die während des jüngsten Konflikts besetzt wurden; (ii) Beendigung jeder Geltendmachung des Kriegszustands beziehungsweise jedes Kriegszustands sowie Achtung und Anerkennung der Souveränität, territorialen Unversehrtheit und politischen Unabhängigkeit eines jeden Staates in der Region und seines Rechts, innerhalb sicherer und anerkannter Grenzen frei von Androhungen oder Akten der Gewalt in Frieden zu leben […]».

Die militärischen Mittel, welche die israelische Administration jetzt erneut wählt, sind nicht gerechtfertigt. Der Krieg, den sie im Gebiet von Gaza führt, wird nur neuen Hass hervorrufen und fundamentalistische Gewalt verstärken.

Die schleichende Normalisierung rechtswidriger Gewalt wird dazu führen, dass das Bewusstsein für die Unantastbarkeit der Menschenwürde und für den rechtsstaatlichen Umgang mit dem Gewaltmonopol von Staaten immer mehr schwindet. Eine solche Entwicklung kann nur katastrophale Folgen haben – innergesellschaftlich im Staat Israel, für die Beziehungen zu den Nachbarn und für eine gerechte und friedliche Verfassung der gesamten Weltgemeinschaft.

Prof. Dr. Hans Jörg Sandkühler

und weitere 50 Unterzeichnende


UNIVERSITÄT BREMEN

                                                                                                        7. Januar 2010

UNESCO-Lehrstuhl für Philosophie, Paris                                        D-28359 Bremen

Deutsche Abt.: Menschenrechte                                                      Enrique-Schmidt-Str. 7

und Kulturen                                                                                    (              0421-218 3221

Prof. Dr. Hans Jörg Sandkühler                                                           FAX           0421-218 2003

*     hsandk@uni-bremen.de

www.unesco-phil.uni-bremen.de

Herrn

WU Hongbo

Außerordentlicher und bevollmächtiger Botschafter

der Volksrepublik China in der Bundesrepublik Deutschland

Märkisches Ufer 54

10179  Berlin

 

 

 

Haftstrafe für Herrn Liu Xiaobo

 

Sehr geehrter Herr Botschafter,

mit Befremden und Bestürzung haben wir zur Kenntnis nehmen müssen, dass Herr Liu Xiaobo wegen "Aktivitäten zur Untergrabung der Staatsmacht" zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilt worden ist.

Befremdet bin ich selbst, weil ich vor drei Jahren in Beijing bei Vorträgen über Menschenrechte in der Akademie für Sozialwissenschaften und in der Volksuniversität eine für die Freiheit der Meinung offene Atmosphäre kennenlernen konnte, zu der diese Verurteilung in Widerspruch steht.

Bestürzt sind wir, weil dieses Urteil unvereinbar ist mit den Verpflichtungen, welche die Volksrepublik China als Signatarstaat des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte eingegangen ist, und zwar

„IN DER ERKENNTNIS,

dass sich diese Rechte aus der dem Menschen innewohnenden Würde herleiten,

IN DER ERKENNTNIS,

dass nach der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte das Ideal vom freien Menschen, der bürgerliche und politische Freiheit genießt und frei von Furcht und Not lebt, nur verwirklicht werden kann, wenn Verhältnisse geschaffen werden, in denen jeder seine bürgerlichen und politischen Rechte ebenso wie seine wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte genießen kann“, und

„IN DER ERWÄGUNG,

dass die Charta der Vereinten Nationen die Staaten verpflichtet, die allgemeine und wirksame Achtung der Rechte und Freiheiten des Menschen zu fördern“.

Wir erinnern daran, dass Ihr Land den Artikel 19 dieses Paktes anerkannt hat: „(1) Jedermann hat das Recht auf unbehinderte Meinungsfreiheit. (2) Jedermann hat das Recht auf freie Meinungsäußerung; dieses Recht schließt die Freiheit ein, ohne Rücksicht auf Staatsgrenzen Informationen und Gedankengut jeder Art in Wort, Schrift oder Druck, durch Kunstwerke oder andere Mittel eigener Wahl sich zu beschaffen, zu empfangen und weiterzugeben.“

Wir verkennen nicht, dass gemäß Art. 19 (3) diese Rechte „bestimmten, gesetzlich vorgesehenen Einschränkungen unterworfen werden“ können, „die erforderlich sind a) für die Achtung der Rechte oder des Rufs anderer; b) für den Schutz der nationalen Sicherheit, der öffentlichen Ordnung (ordre public), der Volksgesundheit oder der öffentlichen Sittlichkeit“.

Wir sind aber davon überzeugt, dass

        angesichts der öffentlichen Erklärungen Ihrer Regierung zur weiteren Entwicklung der Menschenrechte in der Volksrepublik China das Engagement von Herrn Liu zum Schutz der Menschenrechte keine Aktivität zur „Untergrabung der Staatsmacht“ darstellen kann

und

   dass die politische und Rechtskultur Ihres Landes durch den Verzicht auf eine solche strafrechtliche Norm nur gewinnen kann.

 
 
 
Prof. Dr. Hans Jörg Sandkühler
 
und
Prof. Dr. Thomas Althaus, Bremen
Prof. Dr. Johannes Beck, Bremen
Prof. Dr. Detmar Beyersmann, Bremen
Prof. Dr. Lorenz Böllinger, Bremen
Prof. Dr. Dorle Dracklé
Prof. Dr. Wolfgang Emmerich, Bremen
Prof. Dr. Juliane Filser, Bremen
Prof. Dr. Werner Goldschmidt, Hamburg
Prof. Dr. Michael Grüttner, Berlin
Christa Hart, Bremen
Prof. Dr. Dieter Hart, Bremen
Prof. Dr. Matthis Kepser, Bremen
Prof. Dr. Jürgen Lott, Bremen
Prof. Dr. Michael Müller, Bremen
Prof. Dr. Rainer Müller, Bremen
Prof. Dr. Frieder Nake
Prof. Dr. Lothar Peter, Bremen
Prof. Dr. Arnim Regenbogen, Osnabrück
Prof. Dr. Helmut Reichelt, Bremen
Prof. Dr. Karl-Heinz Roediger, Bremen
Ulla Sandkühler, Bremen
Prof. Dr. Sabine Schlacke, Bremen
Prof. Dr. Dieter Senghaas
Prof. Dr. Eva Senghaas-Knobloch
Prof. Dr. Gerd Winter, Bremen
Prof. Dr. Dieter Wöhrle, Bremen
Prof. Dr. Gereon Wolters, Konstanz



Autor:Prof. Dr. Hans Jörg Sandkühler  10. 2. 2009


© Abteilung "Menschenrechte und Kulturen" des europäischen UNESCO-Lehrstuhls für Philosophie/ Paris an der Universität Bremen - Enrique-Schmidt-Str. 7 - 28359 Bremen - Tel. +49 421 218-3221·


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